Kleine Evolution oder Identitätskrise?
Der Ford Ranger hat eine lange Geschichte als robuster und zuverlässiger Arbeitspickup. Mit der Einführung des MS-RT-Modells stellt sich jedoch die Frage: Bleibt der Ranger seinen Wurzeln treu oder entfernt er sich von seinem ursprünglichen Zweck?
Die Geschichte des Ford Ranger: Von der Arbeitskraft zum Lifestyle-Vehikel?
Der Ford Ranger ist ein Modell, das besonders im Bereich der mittelgroßen Pickups seit Jahrzehnten eine bedeutende Rolle spielt. Die Ursprünge des Ford Rangers lassen sich bis in die späten 1970er Jahre zurückverfolgen, als Ford erkannte, dass der Bedarf an kompakteren, sparsameren Pickups zunahm. In Nordamerika wurde der erste Ford Ranger 1983 auf den Markt gebracht und ersetzte den Ford Courier, der zuvor in Zusammenarbeit mit Mazda entwickelt worden war.
Die erste Generation (1983–1992)
Die erste Generation des Ford Rangers war ein kleiner Pickup, der sich durch seine kompakte Größe, gute Manövrierfähigkeit und vielseitige Nutzung auszeichnete. Er war in verschiedenen Varianten erhältlich und bot sowohl Heck- als auch Allradantrieb. Ford passte die Modellreihe kontinuierlich an, um die Bedürfnisse der Kunden zu erfüllen, sei es für den Freizeitgebrauch oder die Arbeit.
Die weiteren Generationen bis zur Jahrtausendwende (1993–2011)
In den folgenden Generationen verfeinerte Ford den Ranger weiter, um ihn leistungsstärker und moderner zu gestalten. Die Modelle dieser Zeit boten stärkere Motoren, verbesserte Sicherheitsmerkmale und mehr Komfort. Während der Ranger in Nordamerika 2011 vorübergehend eingestellt wurde, blieb er in anderen Märkten, insbesondere in Europa, Asien und Australien, weiterhin sehr beliebt.
Der globale Ford Ranger (seit 2011)
Im Jahr 2011 führte Ford eine neue globale Version des Rangers ein, die sich durch robustes Design, fortschrittliche Technik und hohe Leistungsfähigkeit auszeichnete. Dieser Ranger, der häufig als "T6" bezeichnet wird, wurde in Australien entwickelt und ist bis heute die Basis für alle modernen Ford Ranger-Modelle. Er wurde besonders für seine Offroad-Fähigkeiten und die Kombination aus Arbeits- und Freizeittauglichkeit geschätzt.
Der Ford Ranger in Europa und Deutschland
In Deutschland wurde der Ford Ranger besonders bei Unternehmen und Fahrern beliebt, die ein zuverlässiges Arbeitsfahrzeug mit guter Geländegängigkeit und ausreichend Ladefläche benötigten. Im Laufe der Zeit wurden auch Versionen mit luxuriöser Ausstattung und modernen Fahrassistenzsystemen eingeführt, um sowohl private als auch gewerbliche Kunden anzusprechen.
Die Kooperation mit MS-RT
Wer ist die Firma MS-RT?
MS-RT ist ein in Großbritannien ansässiges Unternehmen, das sich auf die Modifizierung und Veredelung von Nutzfahrzeugen, insbesondere von Ford-Modellen, spezialisiert hat. Die Firma steht für die Verbindung von Motorsport-Innovation mit hochwertigem Design und Handwerkskunst und ist dafür bekannt, handelsübliche Nutzfahrzeuge in optisch und funktional aufgewertete Fahrzeuge zu verwandeln.
Entstehung und Hintergrund
MS-RT ist eine Partnerschaft zwischen dem bekannten Tuner Van-Sport und dem Rallye-Team von M-Sport. M-Sport ist insbesondere durch seine Erfolge im internationalen Rallyesport, darunter die FIA World Rally Championship (WRC), bekannt. Die Kombination aus dem Know-how von M-Sport im Motorsport und der Expertise von Van-Sport in der Fahrzeugmodifizierung führte zur Gründung von MS-RT. Diese Symbiose erlaubt es der Firma, Technologie und Designelemente aus dem Motorsport in straßenzugelassene Nutzfahrzeuge einfließen zu lassen.
Die Zusammenarbeit mit MS-RT bringt zweifellos einige interessante Aspekte mit sich:
Sportlicheres Design mit aggressiverer Optik
Hochwertigere Innenausstattung
Optimiertes Fahrwerk
Doch die Frage ist: Braucht ein Arbeitspickup wirklich 20-Zoll-Leichtmetallfelgen und Sportsitze? Oder entfernt sich der Ranger damit von seiner ursprünglichen Zielgruppe?
Fakt ist, in Deutschland erfreuen sich Pick Ups immer größerer Beliebtheit (was in einigen Kreisen für Unmut sorgt). Von ca. 26.000 zugelassenen Pick Ups in 2020, stieg die Zahl in drei Jahren um ca. 3.000 Stk. auf 29.000 zugelassene Fahrzeuge an. Seit 2021 stieg dabei auch die Anzahl der in Deutschland zugelassenen "großen Pick Ups", wie unter anderem RAM und/oder der Ford F150. Unter den beliebtesten "kleinen" Pick Ups fallen der Ford Ranger, Nissan Navara, VW Amarok oder auch Fiat Fullback. Zielgruppen sind hierbei oft Forstmitarbeiter, Jäger oder Landwirte.
Zielgruppenwandel: Vom Handwerker zum Lifestyle-Käufer?
Mit dem MS-RT-Modell scheint Ford den Ranger nun aber neu zu positionieren. Statt sich ausschließlich an Handwerker und Gewerbetreibende zu richten, zielt man nun auch auf lifestyle-orientierte Käufer ab - welche eine immer größer werdende Zielgruppe für SUVs und Pick Ups bilden.
Dies könnte einerseits neue Kundengruppen erschließen, birgt aber auch das Risiko, die traditionelle Kundschaft zu entfremden, da diese auf robuste Verarbeitung und Technik angewiesen sind. Pick Up Fahrer aus unserem Kundenstamm beschweren sich unter anderem über "Schnick Schnack" und zu viel elektronische Assistenzsysteme - ist der Pick Up für sie eben einfach ein Nutzfahrzeug. Die Angst liegt hierbei begründet in der Störanfälligkeit der Systeme und/oder höhren Reparatur-, Wartungs- oder Versicherungskosten
Der Motor
3.0-Liter-V6-Dieselmotor
Leistung: Ca. 240 PS (177 kW) und 600 Nm Drehmoment.
Getriebe: Ausgestattet mit der 10-Gang-Automatik.
Einsatzgebiet: Entwickelt für Kunden, die viel Zugkraft und Leistung benötigen, ideal für schwere Lasten und anspruchsvolle Offroad-Fahrten.
Der Motor ist grundsätzlich als Option für die Varianten XLT, Sport und Wildtrak verfügbar und bietet 184 kW bei 3250 U/min sowie 600 Nm Drehmoment im Bereich von 1750 bis 2250 U/min. Er wird ebenso im Ford Everest und im Zwilling des Rangers, dem 2022er VW Amarok, eingesetzt.
Allerdings handelt es sich nicht, wie man vermeintlich denken könnte, um eine Neuentwicklung. Der Motor ist als „Lion“-V6 bekannt und wird in den amerikanischen Märkten als „Power Stroke“-Diesel vermarktet. Bis 2022 wurde er ausschließlich im Ford F-150 in den USA verbaut.
Das Motordesign stammt aus dem Jahr 2004 und wurde in verschiedenen Anwendungen genutzt. Es gab Varianten mit 2,7 Litern und 3,0 Litern, sowohl mit Single- als auch mit sequentiellen Doppelturboladern.
Der Motor wurde in Fahrzeugen von Ford (Territory), Land Rover (Discovery, Range Rover Sport) sowie in Jaguars, Citroëns und Peugeots eingesetzt.
In seiner leistungsstärksten Ausführung – als sequentiell aufgeladener 3,0-Liter-Motor – erreichte der Motor 225 kW und 700 Nm und wurde im Land Rover Discovery 5 SDV6 und im Range Rover Sport verwendet.
Primär wurde dieser Motor speziell für leichte Nutzfahrzeuge entwickelt, um mit dem Ram EcoDiesel-Motor und dem GM Duramax 3,0-Liter-I6 LM2-Motor zu konkurrieren.
Fazit: Evolution mit Fragezeichen
Der Ford Ranger MS-RT ist zweifellos ein beeindruckendes Fahrzeug, das viele moderne Features bietet. Allerdings muss man auch hinterfragen, ob diese Entwicklung im Einklang mit der ursprünglichen DNA des Rangers steht. Während einige die Verbesserungen begrüßen werden, könnten andere darin eine Abkehr von den Grundwerten des Rangers sehen.
Der Ranger MS-RT könnte neue Käufergruppen ansprechen, läuft aber Gefahr, seine Identität als robuster Arbeitspickup zu verwässern.
Ziel dieses Sondermodells wird allerdings auch die Abgrenzung zum baugleichen VW Amarok sein. Aufgrund dessen, dass beide Modelle auf dem selben Band, mit gleichem Chassis und Motoren gefertigt werden, MUSS Ford eine Strategie entwickeln, den Ranger dem deutschen Autofahrer schmackhaft zu machen. Hier könnte das Sondermodell, als sportliche Alternative zum sehr sachlichen Amarok, eine andere Käufergruppe erreichen.
Was denkst du?
Bild Quellen: Ford Deutschland / Wikipedia
Comments